Sonntag, 17. Februar 2008

...und so gehts mir...


Ich bin seit 2 1/2 Wochen in Afrika und es kommt mir so viel länger vor, da ich schon wahnsinnig viel erlebt und gesehen hab!
In Moshi sind unzählige Hilfswerke stationiert und deshalb auch viele Weisse vor Ort. Es gibt nur wenige Cafes und Restaurants, wo man als nicht Afrikaner hingeht, also trifft man zwangsläufig dauernd auf andere Mzungus. Da wird natürlich auch dauernd gefragt „ und wo bist du tätig“, sodass ich mich erst ein wenig genierte zu sagen, dass ich gar noch keinen Job hatte. Aber ich liess mich nicht in die Enge treiben und beschloss alles sachte anzugehen und erst mal anzukommen. Man sagt ja so schön, dass man der Seele ein wenig Zeit geben muss nachzureisen! Schliesslich habe ich auch noch meinen eigenen Rucksack zu tragen, der mit vielen Erlebnissen aus der Schweiz gefüllt ist und dieser beansprucht auch Zeit und Raum...
Da meine beiden Wohnungspartnerinnen beide schon seit ein paar Monaten in Moshi sind und ein Netzwerk aufgebaut haben, war ich eigentlich innert Tagen schon recht gut integriert. Fast schneller als ich mirs gewünscht habe!
Wie ich die Kinder von Carols Schule gesehen habe, wusste ich gleich, dass ich hier mithelfen wollte. Die Tatsache, dass auch noch ein Bau fertig gestellt werden muss, stellt für mich die ideale Kombination dar! So kann ich sowohl bauliche Hilfe leisten, wie auch sozial tätig sein, indem ich mich mit Zeichnen und Basteln in den Unterricht einbringe. Ich bin jetzt dabei bei Sachen aufzugleisen...
In der kurzen Zeit, in der nun hier bin, habe ich leider schon feststellen müssen, dass meine Möglichkeiten zu helfen sehr begrenzt sind. Ein System ändern zu wollen, das nach unserer Ansicht nach nicht richtig ist, ist fast unmöglich! Den Kreis der häuslichen Gewalt zu durchbrechen scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, da das Sozialverhalten der Menschen stark in deren Mentalität verankert ist.
Da der Alltag vom täglichen Überlebenskampf geprägt ist, bleibt keine Zeit für Zärtlichkeiten. So tragen die Frauen zwar ihre Babies auf dem Rücken herum, aber man wird nie eine Mutter sehen, die mit ihrem Kind spielt oder ihm etwas erzählt. Anders als bei uns, werden hier nur ältere oder höhergestellte Personen respektvoll behandelt. Die Kinder werden nicht als Fundament der Gesellschaft betrachtet und bleiben deshalb auch ohne Respekt und Rechte!
Es macht mich sehr traurig, da für mich die Kinder das Allergrösste bedeuten! Ich habe angefangen in der Schule alle Kinder, die ins Lehrerzimmer kommen zu begrüssen und anzuschauen. Sie sollen von mir Respekt bekommen und wahrgenommen werden. Da sie das aber nicht gewohnt sind, bekomme ich meistens keine Antwort...steter Tropfen höhlt den Stein; ich bleibe dran!
Ich muss lernen zu akzeptieren, dass mein Einfluss und meine Hilfe sehr beschränkt sind! Ich kann nicht ein Schulsystem ändern und schon gar nicht die Mentalität eines ganzen Volkes. Die Menschen hier sind nicht bereit für grosse Veränderungen. Ich habe mir angewöhnt gegen gewisse Umstände gar nicht erst zu versuchen anzukämpfen; es wäre verlorene Energie! Also konzentriere ich mich auf den Moment und denke nicht darüber nach was ist, wenn ich nicht mehr hier bin. Meine Hilfe ist kurzfristig und nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber wenn ich deshalb gar nichts tun würde, wäre das den Kindern gegenüber nicht gerecht. Vielleicht bringt meine Anwesenheit ja doch den einen oder anderen Afrikaner zum Hinterfragen und Agieren!
Für uns scheinen die Menschen hier ohne Enthusiasmus und Leidenschaft zu sein. Ich weiss nicht woher das kommt, aber die Uhren ticken einfach nur halb so schnell oder noch langsamer wie bei uns. Dafür stehen sie auch nicht unter einem solch grossen Zeit- und Leistungsdruck wie wir!
Die Strassenverkäufer versuchen alle eine „persönliche“ Beziehung zu dir aufzubauen um dir dann quasi von Freund zu Freund ihr Leid klagen zu können! Natürlich immer mit der Absicht Geld aus deiner Tasche zu ziehen! Es ist unvorstellbar wie kalt ich Denen gegenüber sein kann! Dem Letzten habe ich gesagt, er solle doch froh sein Kleider, zu essen und ein Dach über dem Kopf zu haben.
Alle Leute, denen man begegnet, brauchen in irgendeiner Form Hilfe. Man muss auswählen wem man helfen will und ich habe meine Wahl getroffen. Die Kinder bekommen meine ganze Aufmerksamkeit!
Es ist schwierig sich als Schweizer nicht schlecht zu fühlen beim Anblick des grossen Elends um dich herum. Man muss aber auch aufpassen, dass die Leute hier nicht Profit schlagen aus deinem schlechten Gewissen! Und das versuchen sie... Zum Teil sind die Menschen skrupellos geworden, was ja auch verständlich ist, aber trotzdem nicht akzeptabel für mich.

Meine Gefühle haben eine regelrechte Achterbahnfahrt hinter sich! Von Trauer, Betroffenheit, Bestürzung über Freude, Zufriedenheit und Glück bis zu Wut, Entsetzen und Machtlosigkeit habe ich schon alles empfunden!

Da ich mit zwei Amerikanerinnen zusammenlebe und auch ausserhalb des Hauses die Verständigungssprache Englisch ist, brauche ich immer wieder Zeit für mich alleine um mich auszuruhen. Es ist sehr anstrengend sich nie kurz in der eigenen Sprache ausdrücken zu können. Deshalb geniesse ich es auch sehr, Berichte für meinen Blog zu schreiben.
Es gibt auch Momente, in denen ich mich sehr alleine fühle und einen Schnätterabend mit Freunden vermisse. Es dreht sich hier konstant alles um Hilfe und Leid und das wird mir zwischendurch zuviel! Da die Nächte sehr unruhig sind mit all den fremden Geräuschen, habe ich nicht genug Erholung und zieh mich einfach tagsüber immer wieder zurück. Es ist schwierig die Balance zu finden, nicht zu vereinsamen, aber auch nicht nur ständig Leute zu treffen und überall dabei zu sein!

1 Kommentar:

Nagdi hat gesagt…

guten morgen,
ich finde Du bist klasse, bleib so wie du bist, ich wünche das 50 Leute denken wie Du in dieser Welt dann wird etwas besseres in unseres Welt.

Nagdi